Folke Köbberling

Folke Köbberling, Fassade, Montage
Montage: Folke Köbberling

ab 7. Juni : Produktion des Wandornaments : Alte Salzstraße 60, Ladenzeile
24. Juni,  11 Uhr : Einweihung des Wandornaments : Alte Salzstraße 51, ehemaliger Konsum

 

Wenn Zeit und Form verfließen

Welche Rolle spielt Ornamentik in unserem Leben, welche Muster dominieren unsere Wohnung, unsere Kleidung, das Äußere der uns umgebenden Architektur?
Folke Köbberling entwickelt eine zeitgenössische Interpretation einer Plattenbaufassade in Wachs. An die Wand des ehemaligen Konsumgebäudes in der Alten Salzstraße 51 legt sie ein Raster an, das die Plattenbaufassade und den häufig angewandten Dekor aus Betonformteilen, ein typisches Element der DDR-Moderne, zitiert. Inspirationen aus der Ornamentik mit Referenzen zu verschiedenen Kulturen und Traditionen fließen ein in die Entwicklung der Formensprache. Die Herstellung erfolgt als gemeinsamer Prozess mit den Anwohner_innen. Maßgeblich ist der Faktor Zeit: Über mehrere Monate hinweg wird sich das Material verformen, Hitze und Regen werden sich einschreiben, Spuren von fremden Gegenständen oder Händen werden sichtbar und gleichfalls in den Prozess des Verfließens eingebunden

Folke Köbberling entwickelt Arbeiten im öffentlichen Raum, die zwischen klassischer Skulptur, benutzbarem Objekt, Blickstörung und Ermutigung zur performativen Aneignung changieren. Für ihre oft kollaborativ entwickelten Kunstprojekte verwendet sie Ressourcen, die sie vor Ort findet. Sie entwickelt Interventionsmodelle für den urbanen Raum, wo sie vorhandene Strukturen umnutzt und so den gewohnten Umgang mit städtischer Architektur auf subtile, oft humorvolle Weise in Frage stellt, wie beispielsweise zuletzt bei der der Ruhrtriennale in Bochum, dem Jellyfish Theatre in London oder bei ihrer »Bushaltestelle« in Linz. In ihrer Arbeit »automanic« (München 2013, mit Martin Kaltwasser und David Moises) baute sie ein temporäres Parkhaus aus  Gipskartonplatten, in dem sich ferngesteuerte Autos befanden. Die Pfosten des Parkhauses wurden bei der Fahrt von den Autos berührt und schließlich zerstört, sodass die Architektur allmählich in sich zusammenstürzt – ein täglich neu beginnender, skulpturaler Prozess. Konzeptionell sind ihre Ansätze bei der Beschäftigung mit Stadtplanung und Architektur der Nachkriegszeit, wie etwa bei »Stilllegung«  (2014, Kassel), wo sie die Verkehrsberuhigung des Steinwegs am Ottoneum in Kassel fordert – ein Platz, der zur Zeit seiner Anlegung einer der größten innerstädtischen Plätze war. Im Zuge der 1950er-Jahre-Stadtumbauten zur „autogerechten Stadt“ wurde er durch eine große Verkehrsader geteilt. Folke Köbberling schlägt vor, ihm wieder seine ursprüngliche Qualität zurückgeben und ihn vom Autoverkehr zu befreien – indem der Verkehr durch ein unterirdisches Parkhaus umgeleitet wird.

Die Künstlerin ist als Dozentin und Kunstvermittlerin international tätig, auch hat sie zahlreiche Preise und Wettbewerbe gewonnen, etwa den Landschaftskunstwettbewerb Lohberger Bergpark, Dinslaken, die Nominierung für den Mies van der Rohe Award 2011, Barcelona, und den Kunst-am-Bau-Wettbewerb Bildungscampus Leobendorf. Letzte Ausstellungsstationen waren das Zentrum für Kunst und Urbanistik, Berlin, der Kunstverein Kassel, die Schaustelle der Pinakothek der Moderne, München, und das Zoma Contemporary Art Center, Harla (Äthiopien).

Mit der Unterstützung von Nina Buttendorf, Julia Heise, Theresa Serafin.