Über das Festival

Foto: Juliane Richter
Foto: Juliane Richter

17. Juni – 31. Juli 2016 in Leipzig-Grünau

Das Festival RASTER : BETON betrachtet Architektur und das Leben in Großwohnsiedlungen aus der Perspektive zeitgenössischer Kunst.

»Jeder Platz braucht Zeit, um ein Ort zu werden« Dieser Satz von Oswald Mathias Ungers ist zugleich Entschuldigung und Zustandsbeschreibung von Großwohnsiedlungen weltweit. Entstanden sind sie aus dem Geist der Moderne unter divergierenden kulturellen, politischen und räumlichen Bedingungen, jedoch nach ähnlichen konstruktiven Methoden und stadtplanerischen Leitbildern.  2016 jährt sich die Grundsteinlegung Grünaus zum 40. Mal – ein idealer Zeitpunkt, sich der „Platte“ als ästhetisches und konstruktives Element, als Wohnraum und Symbol und ihren sozialen und politischen Zuschreibungen und Zukunftspotentialen in einer wachsenden Stadt wie Leipzig zu widmen. RASTER : BETON richtet sich an Grünau-Neulinge und langjährige Bewohner_innen, Kunstschaffende und Architekturexpert_innen.

Das Festival besteht aus vier Elementen: Ausstellung, Künstler vor Ort, Symposium und Rahmenprogramm. Dabei fungiert die Platte nicht nur als Kulisse, sondern dient zugleich als Anschauungsobjekt und Diskussionsgrundlage in Zeiten von Zuwanderung, Mietpreisbremse und fortschreitender Wohnraumknappheit.

Grünau ist überall

Leipzig-Grünau ist das zweitgrößte Plattenbaugebiet in der ehemaligen DDR und heute die größte Plattenbausiedlung Sachsens. Vierzig Jahre sind nunmehr seit der Grundsteinlegung von Grünau vergangen. Das sind vier Jahrzehnte, die sowohl das Antlitz der geplanten Siedlung als auch deren Bewohner_innen verändert haben.

Die Architektur stellt uns heute relevante Fragen: Wie entsteht aus einem Platz, der scheinbar ohne Tradition ist, ein identitätsstiftender Ort? Wie eignen sich die Bewohner_innen ein solches Viertel an? Wo findet sich Individualität im Massenwohnungsbau? Was ist in kapitalistischer Zeit noch übrig von der Utopie der Erbauerzeit? Hat die Shoppingmall den sozialistischen Kulturbau ersetzt? Das Festival möchte diese Fragestellungen bündeln. Statt exotisch anmutender Bespielung eines Leerraums, statt pathetischer Überhöhung der Vergangenheit, geht es uns um das Anstoßen einer Debatte mit den Mitteln der Kunst. Das Festival lädt Kultur-, Geschichts- und Architekturinteressierte, Tourist_innen und Architekt_innen dazu ein, während dieses mehrwöchigen, multilokalen Festivals über das globale Phänomen nachzudenken und neue Perspektiven auf ein lokales zu gewinnen. Sich dem Beispiel Grünau zu widmen hat das Potential, die Gegenwart des Wohnens vor Augen zu führen und ihre Zukunft zu imaginieren. Ein Thema, was keinesfalls lokal beschränkt ist, sondern globale Bedeutung hat. Ob in Berlin-Marzahn, München-Neuperlach, Toulouse-La Mirail oder Moskau-Saburowo – Grünau ist überall.

Die vier Elemente des Festivals

Eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst im D21 Kunstraum Leipzig zeigt künstlerische Positionen aus Deutschland und Frankreich zu Großwohnsiedlungen und Plattenbauten. Künstler_innen vor Ort entwickeln während zweimonatiger Aufenthalte orts- und kontextspezifische, partizipative Arbeiten unter Einbindung der Bewohner_innen. Ein interdisziplinäres Symposium führt Positionen von Referent_innen, Bewohner_innen, lokalen Initiativen und Künstler_innen zusammen. Das Rahmenprogramm, bestehend unter anderem aus einer Filmreihe, Stadtspaziergängen und kunstvermittelnden Angeboten, rundet das Festival ab.

Juliane Richter, Hannah Sieben
Festivalleitung

RASTER : BETON ist ein Projekt des D21 Kunstraum Leipzig e. V.